zwangsweise Namensänderung
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Hallo,
hoffentlich bin ich mit meiner jetzigen Frage im richtigen Forum!
ich habe gehört, dass im 2. Weltkrieg die Schlesier mit polnisch klingendem Familiennamen zwangsweise von den Nazis umbenannt wurden. Stimmt das und kann mir da jemand etwas näheres zu sagen.
Wie wurden dann die neuen Namen ausgesucht? War das einfach nur eine Übersetzung?
Danke
anna
Hallo Anna,
ich betreibe Ahnenforschung in Oberschlesien und eine zwangsweise Namenänderung ist mir bislang nicht untergekommen.
Wie Beate sagte, haben das nach dem 1.WK freiwillig getan. So wurde "Przyklenk" zB zu "Schicklenk".
Das mit dem Zugehörigkeitsgefühl hat sich in Schlesien (zumindest OS) erst recht spät entwickelt, da man sich lange weder deutsch noch polnisch, sondern schlesisch fühlte. Die Neigungen zur einen oder anderen Seite entstanden erst in den Zeiten der Industrialisierung und Aufklärung, als die Politik langsam auch in die Köpfe des "einfachen" Volkes gelangte.
Auch in OS fühlte man sich überwiegend deutsch, obwohl die Namen eindeutigst slawisch waren (bei mir zB neben obigem Przyklenk, Tyralla, Luda, Michalik)
Hallo,
mittlerweile habe ich erfahren, dass in Oberschlesien aus Miosga der Name Mansfeld im Jahre 1936 gemacht wurde.
Leider kann ich denjenigen nicht mehr fragen, warum das so gemacht wurde. Eventuell hat er nach den schrecklichen Ereignissen des 2. WK im nachhinein behauptet oder geglaubt, dass die Nazis schuld dran waren. Ich weiss es nicht.
Jedenfalls danke für Eure Antworten!
anna
Hallo Anna,
ich tippe eher auf letzteres:
Ein Beispiel: In meiner Familie hiess es immer, dass die Przyklenk und Schybolls früher Lenk und Boll hiessen und die Polen die Silben davorgesetzt hätten, um es "polnisch" klingen zu lassen.
Das ist natürlich kompletter Unsinn. Diese Namen waren schon immer polnischer Herkunft (Przyklenk bedeutet "beim Flussknie" oder war für einen, der oft und intensiv gebetet hat und Schyboll ist eine abgewandelte Form von Przybil).
Das nur als Beispiel für die Gerücht und Unwahrheiten, die durch die Feindseligkeiten und Animositäten zwischen Deutschen und Polen entstanden sind.
In der genealogischen OS-Liste habe ich mal etwas recherchiert und es sieht ganz so aus, dass die Namen nur auf eigenes Bestreben geändert wurden - und dass dies auch Gebühren kostete.
Unsere Miosga-Verwandten haben sich 1941 unter Druck der Nazis in Mittwald umbenannt. Die Miosga-Familie stammte aus Oberschlesien im heutigen Polen. Was Miosga ursprünglich bedeutet, weiß ich nicht.
Gruß Lenka
MIOSGA ist die oberschles. Variante von poln. miazga = Brei.
N. B. Es gibt auch eine Tagesthemen-Sprecherin namens MIOSGA.
MfG
Hallo, obwohl dies ein alter Thread ist:
Meine Mutter war in Berlin in der Nazizeit Kind, sie erzählte mir früher, dass eine Familie in der Nachbarschaft ihren Namen 'eindeutschen' lassen wollte; der Name war Wlodarczak und sollte quasi übersetzt werden, und dies nicht aus Zwang, sondern weil diese Familie nazibegeistert war. Es kam nicht mehr dazu, weil dann zu schnell für die Bearbeitung dieses Antrages das Kriegsende kam.
Ist aber, wie gesagt, nicht in Schlesien, sondern in Berlin so gewesen, aber das war ja beides Deutsches Reich. Die Familie sagte als Grund, es sei ihr widerlich, als ''minderwertiger Slawe' angesehen zu werden.
Hallo,
ich hoffe das liest noch jemand. Also die Familie meines Vaters stammt auch aus Oberschlesien. Mein Uropa musste im Krieg seinen Namen von Ryppa in Reinwald ändern. Wie damals die Namen ausgesucht wurden, weiß ich leider nicht. Ich versuche auch verzweifelt, Informationen darüber zu bekommen. Die Ahnenforschung ist daher leider auch ziemlich schwierig. Jedenfalls hatte er damals keine andere Wahl....
Hat vielleicht doch noch jmd nähere Informationen zu diesem Thema?
mfg
Shima
Hallo alle,
bei meinem Fall hieß die Familie "von Sobieski" und die Uroma mußte etwa in 1850 ihren Namen in "Sowietzki" ändern lassen.
Auf einem Privatsender gab es eine Reportage 2013, die diese Änderungswelle in (dem späteren) Polen als ein Spiel beschrieb, das durch politische und religiöse Umstände entstanden war.
Heute kann man nichteinmal mehr feststellen, was das für eine Änderungswelle war und es kann sogar sein, dass das durch russischen Einfluß entstanden ist (Sowietzki!).
Hallo,
ich habe nun endlich herausfinden können, wie das bei meiner Familie aus Oberschlesien war.
Ich wusste nur, dass die Familie von meinem Vater früher Wloch hieß und dann irgendwann in Wiesner umbenannt wurde. Aber wie und warum wusste ich nicht.
Nun haben wir einen Cousin meines Vaters wiedergefunden und der weiß, dass einer von seinen Onkel Nachricht vom Reich bekommen hat, mit drei Beispielnamen (alle mit W). Der Onkel war wohl zu aufgebracht dadrüber und meintezu seiner Frau, dass sie sich einen Namen aussuchen soll. Tja... und sie hat sich den Namen ausgesucht, der ihrer Meinung am besten zu ihr passte: Wiesner.
Das war 1941. Mein Großcousin (?) hat sogar noch das alte Dokument, wo drinne steht, dass sein Nachname geändert wurde.
Gruß
Melanie
Hallo Anna,
ich weiß das nicht von Schlesien. Ich weiß aber aus Masuren, dass viele nach dem 1. Weltkrieg freiwillig ihren slawischen Namen in einen deutschen änderten. Das lag an den Auswirkungen der Versailler Verträge und an den damit verbundenen Volksabstimmungen.
Polen glaubte, dass die ostpreußischen Masovier sich als Polen fühlten. Dem war aber nicht so, denn die fühlten sich als loyale Deutsche, auch wenn sie masovisch sprachen. Und dem entsprechend fielen die Volkabstimmungen mit meist um die 98 % für Deutschland aus. Das veranlasste Litauen, im Memelland erst gar keine Abstimmungen abhalten zu lassen sondern inszenierte mit eingeschleusten Litauern einen "Volksaufstand" der Memelländer .
Soweit ich informiert bin, fühlten sich die Schlesier als Deutsche, auch wenn die meisten slawischer Abstammung waren. Sie gehörten wohl auch nicht zu den Polanen sondern zu einem Unterstamm der Vandalen. Die meisten haben es ja auch vorgezogen, nach Deutschland zu gehen.
Beate