Alter und Veränderung von Flussnamen
Das Alter
Gewässernamen sind die ältesten uns erhaltenen Namen überhaupt; sie sind so alt, dass wir aus der Entstehungszeit keine schriftlichen Zeugnisse haben. Ihr Alter kann man nur ungefähr bestimmen.
Entstanden sind sie in einer Zeit, bevor sich die heutigen Einzelsprachen aus einer wohl sehr homogenen Vorstufe entwickelten. Diese Vorstufe wird "indoeuropäisch", in älteren Studien zu Gewässernamen (Hans Krahe) "alteuropäisch" genannt. Man nimmt an, dass diese Sprache vergleichbar homogen war wie die Dialekte der gegenwärtigen deutschen Sprache. Das heisst, dass z. B. der Schleswiger vom Westfalen verstanden wird, der Westfale vom Hessen, der Hesse vom Bayern, aber der Schleswiger nicht vom Bayern und umgekehrt.
Das Alter der Gewässernamen lässt sich nun durch den Zeitpunkt der Ausgliederung der Einzelsprachen aus dem indoeuropäischen bestimmen, denn nicht alle Einzelsprachen sind zur gleichen Zeit entstanden. Das Deutsche z. B. hat sich ca. 500 v. Chr. aus dem Indoeuropäischen gelöst, aber es gibt auch ältere Sprachen.
Da nun die Gewässernamen in die voreinzelsprachliche Schicht reichen, müssen sie älter sein, als die uns älteste bekannte Sprache. Man schätzt das Alter der ältesten Gewässernamen vorsichtig auf ca. 4500-4000 Jahre.
Gesichert lässt sich sagen, dass sie vor 1500 v. Chr. vorhanden waren.
Veränderlichkeit von Gewässernamen
Gewässernamen sind relativ unveränderlich. Das liegt zum einen an der Besiedlungskontinuität an den Ufern und zum anderen am überregionalen Bekanntheitsgrad. Ein Fluss ist bekannter, größer und weitaus weniger veränderlich als eine Siedlung (die oft klein war, oft auch aufgegeben und wüst wurde).
Gewässer sie waren wichtig als Transportweg und zur Orientierung. Entlang der Flüsse entwickelte sich ein reger Verkehr, mit dem nicht nur Waren und Menschen, sondern auch deren Sprache verbreitet wurden. So kam es, dass für Flüsse allmählich ein durchgehender Namen Verbreitung fand.
Und obwohl die am Fluss siedelnden Völkergruppen wechseln konnten (z. B. während der Völkerwanderung), fanden sich fast zu jeder Zeit Menschen an den Ufern. Der alte Name wurden von den neuen Siedlern meist einfach übernommen und überdauerte so Jahrtausende. Natürlich sind auch die Gewässernamen sprachgesetzlichen Veränderungen unterworfen, allerdings nicht so stark wie anderes Wortgut.
Heute zwingen ohnehin administrative Gründe zur klaren Namegebung, doch Flüsse tragen schon lange durchgehende Name. Aber war das schon immer so?
Nein.
Die Verbreitung eines Namens für einen Wasserlauf war aber ein allmählicher Prozess, was sich manchmal durch noch nachweisbare Teilabschnittsnamen belegen läßt.
Schauen wir dafür nach Erfurt. Durch Erfurt fließt die Gera.
Aufgrund alter Belege für den Ortsnamen Erfurt (1244 Erphort, 742 Erphesfurt), Vergleichsnamen (die Flüsse Erf und Erfa), sprachgeschichtlicher Gesetzmäßigkeiten und dem Wissen um das Wesen der Gewässernamen ließ sich für Erfurt eine alte Form Erpesa rekonstruieren. Die logische Folgerung war, dass Erfurt die Furt durch die Erpesa ist. Erpesa war also ein früherer Abschnittsname des Flusses Gera. (Die Wurzel "erph" deutet dabei auf ein bräunliches, dunkles Gewässer hin.)
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