Die eigentümliche Beziehung zwischen Klang u ...
Wussten Sie’s? In Deutschland kann eine Person mehrere, muss aber in mindestens einen Vornamen besitzen. Darüber hinaus sollte ein Vorname bestimmte Kriterien erfüllen, um vom örtlichen Standesamt zugelassen zu werden. Die Vornamen Fanta, Galaxina und Dior zum Beispiel gelten nach jüngsten Entscheiden in Deutschland als eintragungsfähiger weiblicher Vorname.
Dabei muss entgegen einer weitläufigen Annahme der Vorname nicht eindeutig männlich oder weiblich sein. Die Entscheidung über die Zulassung durch das Standesamt ist oft eine Ermessensentscheidung. Deshalb gehen viele Eltern auf Nummer sicher und geben einem geschlechtsneutralen Erstnamen einen eindeutigen Zweitnamen bei. Doch was ist typisch Mädchen und typisch Junge? Mit dieser Frage beschäftigt sich u.a. die Phonosemantik. Sie kann phonetische Kriterien ermitteln, anhand derer ein Vorname einem bestimmten Geschlecht (Gender) zugeordnet werden kann.
Der phonetische Gender Score
Im englischsprachigen Raum haben Herbert Barry und Aylene Harper 1995 einen wissenschaftlichen Ansatz entwickelt, anhand dessen ein phonetischer „Gender Score“ für Vornamen erhoben werden kann. Für bestimmte phonetische Kriterien werden Punkte vergeben und dann zu einem namenindividuellen Wert zusammengefasst. Namen mit positiven Werten sind dabei in der Regel weiblich, Namen mit einem negativen Wert männlich. So werden Namen, die nur aus einer Silbe bestehen, als eher männlich eingestuft. Auch der Wortakzent spielt eine Rolle: Liegt dieser auf der zweiten oder einer nachfolgenden Silbe, erhält der Name einen positiven Wert. Schließlich werden auch die Endungen eines Namens betrachtet. Während Stop-Konsonanten wie b, p, t, d, k oder g als männliche Eigenschaften bewertet werden, gelten Namen, die auf einen Vokal auslauten, als weiblich. Ein sehr weiblicher Name wie Sophia würde einen Score von 4 erhalten; Edward gilt mit einem Score von -4 als sehr männlich. Wo Fanta und Galaxina in diesem System verbleiben, können wir nur vermuten. Spannend ist, dass allein die Lautung Rückschlüsse auf auf das Geschlecht erlauben, auch wenn wir unbekannte Namen einordnen wollen. So wie Fanta und Galaxina.
Theorien im deutschsprachigen Raum
Da mir die Zulassung von Namen wie Dior, Fanta oder auch des männlichen Vornamens Pumuckl keine Ruhe lässt, habe ich mich auch nach Untersuchungen zu diesem Thema im deutschsprachigen Raum umgesehen. In ihrer Dissertation „Naming Gender: empirische Untersuchungen zur phonologischen Struktur von Vornamen im Deutschen“ ermittelt Susanne Oelkers phonologische Kriterien der geschlechtsspezifischen Zuordnung von Vornamen. Ein gutes Beispiel, das sie in einem weiteren Paper anführt, ist der Vorname Luca. Während dieser in seinem Ursprungsland Italien ein klassischer männlicher Vorname ist, wird er in Deutschland weitestgehend für Mädchen verwendet. Ähnlich verhält es sich mit den in Deutschland bereits etablierten Vornamen Andrea, Nicola, Sascha und Toni.
Die Autorin ließ sich die untersuchten Namen deutschlandweit von Standesämtern zuschicken, um diese dann anhand besonders auffälliger phonologischer Merkmale wie Anlaut oder Silbenzahl zu kategorisieren. So konnte sie eindeutige strukturelle Unterschiede zwischen männlichen und weiblichen Vornamen aufzeigen. Je nach untersuchtem Korpus endeten zwischen 75% und 80% der Namen auf einen Vokal, während 75% bis 85% der männlichen Vornamen auf einen Konsonanten auslauten. Das erklärt auch, weshalb wir Luca als Mädchennamen verwenden und warum wir Fanta und Galaxina als eindeutig weibliche Vornamen eingestufen – und warum der auf einen Konsonanten auslautende Pumuckl nur männlich sein kann.
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