24.Sep.2013

zierliche Emily, starker Thomas - Klangsymbo ...

Emily und Thomas

Warum benutzen wir ausgerechnet das Wort „riesig“, um sehr große Dinge zu beschreiben? Und warum erinnert uns der Klang von Wörtern wie „Baum“, „Wal“ oder „Hochhaus“ an deren Größe? Warum erzeugt im Gegenzug vieles, was „klein“ ist – „Murmeln“ oder zum Beispiel „Wichtel“ – schon durch den Wortklang ein Bild von Kleinheit in unserem Kopf?

Klangsymbolik – ein bekanntes Phänomen

Das Phänomen, dass wir mit bestimmten Worten automatisch Eigenschaften des Objekts verbinden, die das Wort benennt, heißt „Klangsymbolik“. In einem berühmten Versuch wurden Teilnehmern zwei verschiedene Objekte gezeigt (Möchten Sie es selbst probieren, bevor Sie weiterlesen? Dann bitte hier klicken: Buba-Kiki-Test). Eines erinnerte an einen Stern, war also eckig und spitz, und das andere glich eher einem Tintenfleck. Es wies nur abgerundete Formen auf. Die Teilnehmer sollten den beiden Objekten die Fantasienamen „Kiki“ und „Bouba“ zuordnen – wobei der größte Teil der Versuchspersonen das eckige Objekt „Kiki“ nannte und dem abgerundeten Objekt den Namen „Bouba“ gab. Obwohl es sich um keine echten Worte und keine realen Gegenstände handelte, hatten die Teilnehmer eine übereinstimmende intuitive Idee davon, welcher Name zu welchem Objekt „passte“.

Klangsymbolik wurde bereits eingehend von der Wissenschaft untersucht und ist für viele Sprachen weltweit belegt. Es gibt offenbar kulturübergreifende Zusammenhänge in Bezug darauf, wie die Wörter klingen, mit denen wir bestimmte Dinge beschreiben. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf den Vokalen. Diese werden in der Sprachwissenschaft unterschieden in die sogenannten Vorderzungenvokale (da sie im vorderen Bereich der Zunge erzeugt werden) und Hinterzungenvokale. Dabei verbinden wir mit vorderen Vokalen (e und i) eher Kleinheit, während hintere Vokale (a, u, o) Größe und Stärke suggerieren.

Neues Anwendungsgebiet: Vornamen

Bisherige Untersuchungen bezogen sich vor allem auf den Zusammenhang von Phonemen (also Lauteinheiten) und Größen- oder Formvorstellungen. Doch eine kürzlich erschiene Studie hat dem einen neuen Aspekt hinzugefügt und die Auswirkungen der Klangsymbolik auf die Vergabe von Vornamen untersucht.
Pitcher, Mesoudi und McElligott analysierten die 50 beliebtesten Vornamen aus den Jahren von 2001 bis 2010 in Datenbanken von England und Wales, Australien sowie den USA. Dabei stellten sie einen signifikanten Zusammenhang fest: In den beliebten männlichen Vornamen kamen deutlich häufiger hintere Vokale (a, u, o) vor als vordere Vokale (e, i) – während es bei weiblichen Vornamen genau umgekehrt war. „Paradebeispiele“, welche in der Studie genannt wurden, waren die Namen „Thomas“ und „Emily“.

Von starken Männern und zarten Frauen

Doch warum existiert ein solcher Zusammenhang – und zudem in so deutlicher Ausprägung? In westlichen Gesellschaften werden Männer, die groß und stark sind, als attraktiv und tendenziell dominant wahrgenommen. Im Gegenzug wirkt bei Frauen eher eine geringe Körpergröße und eine schmale Statur anziehen und „sexy“ auf das andere Geschlecht.
Männernamen mit o-, u- und a-Lauten verbinden wir im Kopf aufgrund des Klangsymbolik eher mit einem großen Namensträger, während wir Frauennamen mit e- und i-Lauten mit dem entsprechenden weiblichen „Ideal“ verknüpfen.
Somit drückt sich in den Unterschieden bei der Namensvergabe wohl der Wunsch der Eltern aus, im Vergleich größere, maskulinere Söhne zu haben und kleinere, femininere Töchter – da diese Stereotype in der Gesellschaft anerkannt und erfolgreich sind.


(Benjamin J. Pitcher, Alex Mesoudi, Alan G. McElligott: Sex-Biased Sound Symbolism in English-Language First Names, PLOS ONE, June 2013.)