8.Mär.2019

Wird Hans Professor?

Hörsaal, Studierende, Professor

Das Thema Vornamen zieht in der Tagespresse immer. Vor allem, wenn man es schafft, Vornamen und Karriereaussichten zu verknüpfen. Dabei bleibt zu Gunsten der Klick- und Leserzahlen gern auch einmal die Wissenschaftlichkeit, bzw. der gesunde Menschenverstand auf der Strecke.

Auf Spiegel Online wurde am 13.02.2019 ein kurzer Artikel mit der Überschrift "Professoren heißen Hans, Klaus oder Peter" veröffentlicht. In diesem wird auf eine Auswertung des „Hochschullehrerverzeichnisses 2018“ des DeGruyter Verlags von „Zeit Campus“ referiert. Das Verzeichnis listet die Namen der deutschen Uni- sowie Junior- und Honorar-Professoren und Professorinnen auf. Es inkludiert zudem außerplanmäßige Professoren, Privatdozentierende, sonstige Habilitierte, Professoren im Ruhestand sowie viele deutsche Hochschullehrer und -lehrerinnen, die im Ausland wirksam sind. Zeit Campus hat die Vornamen der etwa 62.000 Professoren und Professorinnen in Deutschland nach Geschlechtern aufgeteilt und gezählt. Ergebnis? Bei den Männern heißen die meisten Professoren mit Vornamen Hans, gefolgt von Klaus und Peter, bei den Frauen Susanne, gefolgt von Sabine und Claudia. Im Einzelnen sieht das folgendermaßen aus. (In Klammern ist die Häufigkeit des jeweiligen Vornamens im Verzeichnis genannt.)

Professoren:

  • Platz 1: Hans (2109)
  • Platz 2: Klaus (1566)
  • Platz 3: Peter (1509)
  • Platz 4: Wolfgang (1445)
  • Platz 5: Michael (1423)
  • Platz 6: Thomas (1303)

Bei den Zählungen wurden Doppelnamen wie Hans-Dieter oder Hans-Peter sowie abweichende Schreibweisen wie Hanns einbezogen.

Professorinnen:

  • Platz 1: Susanne (212)
  • Platz 2: Sabine (200)
  • Platz 3: Claudia (191)
  • Platz 4: Barbara (189)
  • Platz 5: Ulrike (184)
  • Platz 6: Eva (164)

Im Artikel wird darauf hingewiesen, dass Eltern, die noch keinen Vornamen für Ihr ungeborenes Kind haben und hoffen, dass dieses in Zukunft eine erfolgversprechende wissenschaftliche Laufbahn einschlagen wird, die häufigsten Vornamen aus diesem Verzeichnis in ihre Überlegungen zur Vornamenswahl einbeziehen sollten. Und damit wird in gewisser Weise suggeriert, dass diese Namen sich tatsächlich positiv auf den zukünftigen Werdegang des Kindes auswirken könnten. Die Frage ist nun, ob diese Schlussfolgerung tatsächlich richtig ist. Begründet wird diese nämlich allein durch die Häufigkeit des Vornamens in der untersuchten Kohorte. Und genau dies lässt Zweifel aufkommen.

Vornamen generell in der relevanten Altersgruppe häufig

Schaut man sich die Häufigkeit der Vornamen in der relevanten Altersgruppe an, kommt man zu dem Schluss, dass diese generell häufig anzutreffen sind. In Deutschland beträgt das durchschnittliche Alter bei der Habilitation zwischen 40 und 42 Jahren. Professoren gehen in aller Regel mit 67 Jahren in Rente (spätestens mit 75 Jahren). Das heißt, die relevante Altersgruppe gehört überwiegend zu den Geburtsjahrgängen der 1950er und 1960er Jahre. Und in diesen Jahren gehörten genau diese Vornamen zu den am häufigsten vergebenen:

Die häufigsten männlichen Vornamen der 1950er Jahre:

  • Hans: 3. Platz
  • Klaus: 4. Platz
  • Peter: 2. Platz
  • Wolfgang: 5. Platz
  • Michael: 1. Platz
  • Thomas: 6. Platz

Die häufigsten männlichen Vornamen der 1960er Jahre:

  • Hans: 28. Platz
  • Klaus/Claus: 15. Platz
  • Peter: 7. Platz
  • Wolfgang: 23. Platz
  • Michael: 2. Platz
  • Thomas: 1. Platz

Hinzu kommt, dass in den 1950er und 1960er Jahren bei den männlichen Vornamen die Top 100 noch beinahe 80 Prozent, die Top 10 um die 30 Prozent und der 1. Platz etwa 5 Prozent der insgesamt vergebenen Vornamen ausmachten. 2017 sind es dagegen nur noch 58,5 Prozent (Top 100), 15,9 Prozent (Top 10) respektive 2,2 Prozent (Platz 1). Bei den weiblichen Vornamen sieht das Bild etwas diverser aus.

Die häufigsten weiblichen Vornamen der 1950er Jahre:

  • Susanne: 10. Platz
  • Sabine: 3. Platz
  • Claudia: 42 Platz
  • Barbara: 11. Platz
  • Ulrike: 26. Platz
  • Eva: 44. Platz

Die häufigsten weiblichen Vornamen der 1960er Jahre:

  • Susanne: 2. Platz
  • Sabine: 1. Platz
  • Claudia 5. Platz
  • Barbara: 22. Platz
  • Ulrike: 21. Platz
  • Eva: 56. Platz

Bei den Mädchen scheinen die Eltern zudem auch früher bereits phantasievoller bei der Namensgebung gewesen zu sein. Die prozentualen Anteile der ersten Plätze waren hier auch schon früher sehr viel geringer als bei den männlichen Kindern. Insgesamt spiegelt die Namensverteilung im Hochschullehrerverzeichnis lediglich die Namensgebung bei den relevanten Geburtenjahrgängen wider. Aber wie genau kam es zu der im Artikel gemachten Fehlinterpretation?

Häufiger Fehler: Verwechslung von Korrelation und Kausalität

Im Artikel wurde anscheinend Korrelation und Kausalität verwechselt. Korrelation ist ein Maß für die Stärke des Zusammenhangs zwischen zwei Variablen (hier: Name und Beruf). Die Richtung der Wirkung bzw. der möglichen Beeinflussung – wenn überhaupt vorhanden – wird durch den Korrelationskoeffizienten nicht erfasst. Die Versuchung ist hier zudem groß, zum einen einen hohen Korrelationskoeffizienten als Indikator für einen bestehenden Zusammenhang zwischen den beiden betrachteten Variablen zu interpretieren und zum anderen diesen angenommenen Zusammenhang als kausal einzustufen.

Kausalzusammenhänge lassen sich aber in keinem Fall allein durch hohe Zusammenhangsmaße oder eine statistische Analyse begründen. Hierzu bedarf es der Inklusion des sachlogischen Kontexts. Erst diese ermöglicht zu identifizieren, welche Variable die andere beeinflusst und schließlich in einem nächsten Schritt, ob diese Beeinflussung als kausal zu interpretieren ist. So kann beispielsweise eine rein statistische Korrelation zwischen Variable A (Name) und Variable B (Beruf) festgestellt werden. Diese Korrelation kann aber indirekt über eine Variable C (Häufigkeit des Namens zur Geburt) vermittelt sein. Findet diese dritte Variable in der statistischen Auswertung keine Berücksichtigung, sind vollkommen falsche Schlüsse möglich.
Und genau dies ist hier passiert.

Am Ende handelt es sich hier lediglich um eine sogenannte Scheinkorrelation. Es wurde zwar eine hohe Korrelation zwischen zwei Variablen festgestellt. Dieser fehlt allerdings die inhaltliche Rechtfertigung, während ein mit den beiden Variablen hochkorreliertes drittes Merkmal unberücksichtigt geblieben ist.

Fazit

Ob Hans oder Susanne Professoren werden, hängt nicht vom Vornamen ab. Dieser hat bestenfalls geringen Einfluss auf die Wahrscheinlichkeit einer Habilitation. Letztendlich bilden Professorinnen und Professoren hier lediglich einen Querschnitt der Bevölkerung ab.