7.Aug.2017

Arabische Namenwelt – Das Namensystem in ara ...

Arabische Namen

Wer in seinen Jugendjahren zu den eifrigen Karl-May-Lesern gehörte, dem dürfte dieser Name noch sehr vertraut sein: Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawuhd Al Gossarah. Vielleicht erschlich Sie auch ein wenig das Gefühl der Verwunderung über diesen langen und ausgefallenen Namen des arabischen Helden und besten Freundes von Kara Ben Nemsi. Dabei ist dieser Name gar nicht so exotisch, wie er auf den ersten Blick erscheinen mag, sondern vielmehr sehr logisch strukturiert – wie alle Namen im Arabischen.

Die Struktur arabischer Namen

Klassisch gebildete Namen im Arabischen können Abstammungslinie bis zu vier Generationen verewigen. Das führt zwar einerseits zu sehr langen Namen, macht den Namen damit auch weitgehend einzigartig, auch wenn es zahlreiche Formen von Muhammad in der arabischen Welt gibt. Wenn jemand sich als Muhammad Ibn Mustafa Al Zamil vorstellt, dann ist er Muhammad, Sohn von Mustafa Al Zamil. Die Namen von Großvater und Urgroßvater können ebenfalls in den Namen einfließen: Muhammad Ibn Mustafa Ibn Abdallah Ibn Ibrahim Al Zamil und damit also: Muhammad, Sohn des Mustafa (Vater), Sohn des Abdallah (Großvater), Sohn des Ibrahim (Urgroßvater) Al Zamil. Dies betrifft übrigens nicht nur männliche Namen, sondern auch die Namen von Frauen. Die aufgezählte Abstammungslinie ist jedoch immer väterlicherseits.

Aufgebaut wird der Namen (Titel) (laqab –) kunya – ism – nasab – nisba (– laqab)

Titel: Mit dem Titel sind akademische Grade, Adelsbezeichnungen oder religiöse Titel gemeint, wie die  Bezeichnung „Hadschi“ aus den Karl-May-Romanen. Letzterer Titel gibt an, dass dessen Träger die Hadsch, eine der fünf Säulen des Islam, nämlich die Pilgerreise nach Mekka, erfolgreich durchgeführt hat. Alle Titel werden den weiteren Namen vorangestellt.

Laqab: Laqab ist entweder ein vorangestellter Spitzname oder ein nachgestellter Ehrenname. Vorangestellt heißt nach dem Titel und vor dem Ism, nachgestellt bedeutet nach der Nisba. Dann fungiert er wie ein Namename.

Kunya: Kunya ist ein Nachkommenschaftsname, eine ehrenvolle Bezeichnung, die Männer als „Vater von ...“ (=Abu) und Frauen als „Mutter von ...“ (=Umm) dem ältesten Sohn auszeichnet. Kunya wird für die Ansprache einer Person verwendet. Wer noch keine eigene Kinder hat oder keine Söhne, erhält keinen Kunya in der Namensbezeichnung.

Ism: Ism ist der persönliche Name. Die Männer- und Frauennamen sind oft den ehemaligen Gefährten des Propheten Mohammeds entlehnt oder haben anderweitig eine positive Bedeutung.  Männer heißen zum Beispiel Uthman, Ahmad, Ibrahim etc.; Frauen sind häufig nach der Ehefrau des Propheten Aischa benannt. Haben die Vornamen keinen direkten Bezug zum Propheten, so weisen sie in der Regel auf die starke Frömmigkeit des Mannes hin (beispielsweise: Abdal/Abdul = „Diener des“, Nureddin = „Licht des Glaubens“, Ridwan = „Wächter des Paradieses“) oder auf die außerordentliche Schönheit der Frau (beispielsweise: Dschamila = „Schönheit“, Zarah = „Blume/Blüte“, Rana = „lieblich/schön“). (Einige arabische Vornamen finden Sie im Vornamen-Lexikon.)

Nasab: Nasab ist die Abstammungsbezeichnung mit „Ibn“ für „Sohn von“ und „Bint“ für „Tochter von“, gefolgt vom Namen des Vaters bzw. einer Abstammungskette. 

Nisba: Die Nisba funktioniert wie ein Familienname. Oft gibt er Auskunft über die Herkunft („stammt aus“ zum Beispiel: Al-Almani = der aus Deutschland) oder den Beruf oder die Konfession (zum Beispiel: Al Nasrani = der Christ)

Ein Name, der alle Elemente vereint, könnte zum Beispiel sein:
Kamal-ad-din (laqab) Abu l-Hasan (kunya) Ali (ism) ibn Muhammad ibn Ahmad (nasab) al-Bagdadi (nisba).

Bei Heirat und Geburt

In den meisten arabischen Ländern führen beide Ehegatten ihren Familiennamen, den sie seit der Geburt tragen, nach der Hochzeit weiter fort. Das Bundesinnenministerium gibt hierüber sehr gut Auskunft.
In den meisten Fällen ist nichts Besonderes geregelt. Haben die Ehegatten Kinder, erhalten sie – benannt nach dem ältesten Sohn – die Kunya „Vater von“ (Abu) oder „Mutter von“ (Umm). Ansonsten trägt jeder seinen eigenen Namen weiter.

Auch bei der Geburt eines Kindes gibt es im Arabischen eine klare Regelung. In den meisten Ländern erhalten die Kinder von verheirateten Paaren den Familiennamen (Nisba) des Vaters. In jedem arabischen Land gibt es eigene Regelungen. Das Bundesinnenministerium hat diese ebenfalls aufgelistet.

Anpassung und Transliteration

In vielen Ländern, vor allem in ehemaligen Kolonien, wird dieses System der Namengebung in der Praxis vereinfacht und an westliche Namengebung angeglichen. Auch im internationalen Kontakt werden arabische Namen westlichen Konventionen angepasst. Das heißt, im Kontakt treffen Europäer selten auf solch lange Namen. Menschen heißen dann kurz Rusul Al Zoabi, Bhran Al-Baghadi, Mahmound Elmfaresh, Abdul Rahman Alshamman oder Aimen Al Ragabe

Da es kein einheitliches System für die Umschrift vom Arabischen in lateinische Schrift gibt, ist es nicht ungewöhnlich, wenn Namen unterschiedlich übernommen werden, zum Beispiel als Abdul Karim, Abdur Kareem oder Abd al-Karim. Es kommt daher auch vor, dass transliterierte Name in verschiedenen Dokumenten unterschiedlich wiedergegeben werden und so zum Beispiel nicht klar ersichtlich ist, ob ein Name Alaqravi auf einem Ausbildungszertifikat und der Name Al Akrawi im Visum tatsächlich zur selben Person gehören. 

Die arabischen Form der Namengebung hat sich mit dem Islam übrigens auch in anderen, nicht-arabischen Ländern verfestigt. Auch Muslime in Indonesien oder Malaysia folgen ähnlichen Mustern der Namengebung, dort meist nur Vorname und Vatersname, dazwischen ein bin (bei Männern) oder ein binti (bei Frauen).

Wie spricht man arabische Menschen korrekt an?

In interkulturellen Kontakten kann es häufig zu Missverständnissen kommen. Bevor man in irgendwelche Fettnäpfchen tritt, hilft fragen. Es ist nicht nur legitim, sondern oft durchaus gewünscht. Fragen Sie im Zweifelsfall einfach, wie das Gegenüber gern angesprochen werden möchte. Damit lassen sich peinliche Situationen elegant umschiffen. Außerdem ist es eine nette Gesprächsgrundlage, sein Gegenüber zu fragen, mit welcher Ansprache er oder sie sich wohl fühlt. Im Geschäftsleben kann dies eher Türen öffnen als das beste schriftliche Angebot im Koffer, während interkulturelle, sprachliche Fallen bereits offen geglaubte Türen mit einer unbedachten Äußerung ganz schnell wieder verschließen können.  

Zwei für Europäer typische Fettnäpfchen möchten wir dennoch ansprechen:

  • Abdel/Abdul tritt oft in Kombination mit einem weiteren Wort auf und ist dann zu verstehen als "Diener von ...". Wenn eine Person sich also als Abdel Rahman vorstellt, wäre es nicht richtig, ihn nur mit Abdel anzusprechen. Die korrekte Ansprache mit dem Vornamen ist Abdel Rahman, weil diese beiden unmittelbar zusammen gehören ("Diener der Barmherzigen").
     
  • bin/ben ist keine zweiter Vornamen. Besonders in Großschreibung kann schnell der Verdacht entstehen. Als Nasab ist es ein Hinweis auf die Abstammungslinie und wird als Teil des Nachnamens in die Anrede genommen. Nicht korrekt wäre es, Salem bin Omar als Herrn Omar anzusprechen. Besser ist Herr bin Omar.

Im Zweifelsfall, wie gesagt, hilft fragen.