12.Mär.2014

Trend verpennt? Oder: Überall skandinavische ...

skandinavische Namen

Ich dachte, ich hätte etwas verpasst. „Wie erklären Sie sich den Trend zu immer mehr skandinavischen Namen? Hängt das mit literarischen Moden oder Filmen zusammen?“, fragt mich die Rechercheurin. Ich stutze, denn in jüngster Zeit wäre mir kein Anschwall skandinavischer Namen aufgefallen. Und die These, dass Bücher oder Filme Namenmoden prägen, sollte eigentlich inzwischen auch vom Tisch sein. Es ist viel subtiler: Eltern finden Inspiration für Namen in ihrem direkten Umfeld. 
Die Idee für eine Antwort formt sich schnell in meinem Kopf, aber die wollte ich erst einmal verifizieren. 

Skandinavische Namen kommen aus Skandinavien.

Und zwar über die Menschen, die den direkten Draht dorthin haben, also im Kontaktgebiet wohnen - und im Austausch mit ihren Nachbarn auf diese Namen gestoßen werden. Das glauben Sie nicht? Sehr anschaulich illustrieren es die folgenden Verbreitungskarten einiger skandinavischer Vornamen. Können die Karten Sie überzeugen? Gunnar und Inga sind im Norden hoch konzentriert, und vereinzelt schon bis ins tiefe Inland vorgedrungen. Knud und Arne waren 1998 (aus dem Jahr stammen die Daten, via Gen-Evolu) fast nur auf die Grenzregion beschränkt. Eben genau dort, wo Deutschsprecher und Dänen regelmäßig zusammentreffen.

Verbreitung Gunnar in Deutschland Verbreitung Inga in Deutschland Verbreitung Knud in Deutschland Verbreitung Arne in Deutschland

Berechtigt ist nun ihr Einwand, dass Helga, Olaf und andere kein so eindeutiges Bild zeichnen, sondern weitaus breiter über Deutschland verteilt sind. Das stimmt. Deren Hoch-Zeit liegt bereits einige Jahre zurück. Sie haben schlicht eher Anklang gefunden und sich bis heute weiter verbreitet. Zu vermuten ist, dass die oben dargestellten Vornamen in einigen Dekaden ähnlich weit gestreut sein werden, eben weil im direkten Kontakt mit ihren norddeutschen Bekannten und Verwandten langsam auch der Rest des Landes auf Knud, Arne und Co. gestoßen werden wird.

Und wie ist es mit anderen Nachbarn, Frankreich etwa?

Ähnlich. So, wie die Namen aus dem Norden eindringen, ergeht es auch den aus Frankreich kommenden. Zwar haben sich viele Vornamen französischen Ursprungs bereits vor langer Zeit bei uns eingenistet - und folglich im gesamten Bundesgebiet verteilt. An manchen kann man das Eindringen aber auch heute sehr schön darstellen.  

Verbreitung Dominique in Deutschland Verbreitung Etienne in Deutschland Verbreitung Claudette in Deutschland

Im Osten und Norden finden Sie diese Namen selten; weitaus seltener zumindest, als dort, wo der Kontakt zwischen Deutsch- und Französischsprechern intensiv ist.

Und slawische Vornamen?

Vor slawischen Namen wollte ich mich eigentlich drücken, denn hier fällt es schwer, ähnlich aussagekräftige Verbreitungen zu finden. Aber Sie haben Recht, die Frage soll nicht unter den Tisch gekehrt werden.

Wenn Sie sich wahllos Namen polnischen oder tschechischen Ursprungs herauspicken, um Verbreitungskarten zu erstellen, merken Sie bald, dass diese sich nicht so schön entlang der Grenzregionen konzentrieren, wie Dominique oder Knud. Sie finden sie weit gestreut im Bundesgebiet, v.a. in den Ballungszentren und im Ruhrgebiet. Hier scheint nicht allein die Inspiration durch benachbarte, fremdsprachliche Namen das Bild zu prägen, sondern vor allem die tatsächliche Einwanderung von Familien aus dem slawischen Raum.
Hinzu kommt, dass die heutigen Grenzen ja nicht im historischen Kontaktgebiet liegen, sondern erst vor 70 Jahren so gezogen wurden, ein halbes Jahrhundert vor den Daten der Verbreitungskarten.

Dennoch, zwei hab ich gefunden:

Verbreitung Manja in Deutschland Verbreitung Janek in Deutschland

Also, einen aktuellen, deutschlandweiten Trend zu skandinavischen Namen gibt es wohl eher nicht. Es mag aber durchaus sein, dass Ihnen - abhängig davon, wo in Deutschland Sie sich gerade aufhalten - vermehrt Namen aus den benachbarten Sprachen ins Auge stechen.