Grumbeere oder Krumpir, was war zuerst da?

3 Antworten [Letzter Beitrag]
User offline. Last seen 1 year 14 weeks ago. Offline
Beigetreten: 10.07.2008
Beiträge: 9

Hallo miteinander,

mit einer pfälzischen Großmutter und einer kroatischen Schwiegermutter stehe ich vor der Frage, welche Bezeichnung für das was ich Kartoffel nenne wohl zuerst da war.

Die auf ihre Seefahrer-Vergangenheit stolzen Kroaten lassen sich vermutlich nicht gerne sagen, dass Sie die Kartoffel erst über den Umweg über westrheinischen Boden kennengelernt haben. Andererseits halte ich aus laienhafter Sicht "Grumbeere" für das originärere Wort, da man ihm mit der Ableitung von "Grundbirne" oder "Krumbirne" auch im Zusammenhang mit  "Erdapfel" noch eine "Bedeutung" zuweisen kann.

Laut Überlieferung gelangten die ersten Kartoffeln über Spanien und die Niederlande nach Europa. Bei Wikipedia ist dazu beispielsweise zu lesen, dass im Braunschweiger Raum die Kartoffel durch Mitbringsel von Kriegsheimkehrern aus den Niederlanden bekanntgemacht wurde.

Gerade in der Pfalz waren zu Zeiten des Dreißigjährigen Krieges dem Vernehmen nach einige jugoslawische Söldnertruppen zu finden. Die Heimatstadt besagter Goßmutter wurde durch Kroaten verheert. Da erscheint es mir plausibel anzunehmen, dass  - analog zu den Braunschweiger Erdtuffeln - die kroatischen Heimkehrer nebst der neuartigen Feldfrucht auch ihre Bezeichnung in ihre Heimat importierten (und sie als Kumpir in Form einer Ofenkartoffel auch möglicherweise in die Türkei weiter exportierten).

Dahingestellt lassen möchte ich dabei natürlich, ob die Quelle der exportierten Früchte nun tatsächlich pfälzischer oder aber saarländischer o. ä. Boden war, und ob explizit Kroaten die ersten Kartoffel nach Jugoslawien brachten. Mir geht es vielmehr darum, ob jemand meine Vermutung, dass auch Krumpir von Grund- oder Krumbirne kommt und damit "deutschen Ursprungs" ist, schlüssig widerlegen kann :-).

 

User offline. Last seen 1 year 29 weeks ago. Offline
Experte!Moderator
Beigetreten: 31.12.2005
Beiträge: 4600

Galswinth schrieb:

Hallo miteinander,mit einer pfälzischen Großmutter und einer kroatischen Schwiegermutter stehe ich vor der Frage, welche Bezeichnung für das was ich Kartoffel nenne wohl zuerst da war.

 

Hallo

Das Wort bzw. die Bz. Krumpir wurde von den Donauschwaben nach Kroatien(in den Balkan) übertragen. Aus Grundbirne-die Donauschwaben nannten sie Krumpira- daraus wurde Kroat. Krumpir, serb. Krompir. (rheinhessisch und pfälzisch=Krumbeere). In LX Gromper. Im Burgenland= Krumbirn. In Ungarn Krumpli usw. In Slowenien wird die Kartoffel auch compe ( čompe) genannt.

Schwäbisch= GROMBIR/ GROMBIER= KARTOFFEL(N). Grombierasalad= Kartoffelsalat.

Die bzw. Donauschwaben ist jedoch ein wenig irreführend, da diese nicht "nur" Schwäbisch gesprochen hatten.

Die ältere Bz. für die Kartoffel war Tartoffel. Wobei man hier davon ausgeht, dass die Trüffel gemeint waren. Erdapfel ist ein altes Wort, dass jedoch vers. Knollen bezeichnete. Bereits im 11. Jh. verz.. Aus Lat. malum terra ( malum terrae).

Siehe/lese dazu:

Doch nicht nur die Kartoffelknolle kam nach Europa, auch andere Knollen wurden mitgebracht und angebaut, so zum Beispiel die Topinambur, die runder ist als die Kartoffel. Vor allem für sie wurde die Bezeichnung Erdapfel verwendet. Um sie von der Kartoffel zu unterscheiden, nannte man diese in einigen Regionen bald Erdbirne – im Kontrast zum Erdapfel und aufgrund der länglicheren Form der Kartoffel. Gerade im Gebiet der Pfalz, Badens und des Saarlandes wird jedoch die Erde häufig als Grund bezeichnet, so dass sich in diesem Gebiet seit dem 18. Jahrhundert die Bezeichnung Grundbirne (oder Grumbeere, Grumbire, Gromper etc.) statt Erdapfel bzw. Erdbirne durchsetzte.

http://gfds.de/kartoffel-in-der-mundart/

KARTOFFEL, Von Erdäpfeln, Bramburi, Eachtlingen und Krumbirn:

http://www.suedwind-magazin.at/kartoffelvon-erdaepfeln-bramburi-eachtlin...

Ich gehe, nachdem was ich gelesen hatte (nicht bei Wikipedia!) davon aus, dass das Wort krumpir seine Hk. in/aus der Dt. Sprache findet.

Ein Buch worin man (auch) nachlesen kann, dass sich die Bz. für Kartoffel in (krumpir) erst durch Deutsche-Auswandere durchgesetzt hatte:

http://www.peterlang.com/index.cfm?event=cmp.ccc.seitenstruktur.detailse...

Ob dies alles zutrifft, ist jedoch nicht mit 100% Sicherheit erwiesen. So wie auch nicht genau erwiesen ist, wie die Kartoffel nach Europa kam.

 

Aus dem G.W.B.(KARTOFFEL):

kartoffel, f.solanum tuberosum, franz.pomme de terre, engl.potatoe; den lat. namen hat schon der botanikerCasp. Bauhinusi. j.1590, deutsch nannte er die staudegrüblingsbaum, knollenbaum. kartoffel entstand austartüffel, wie sie im anfang des18. jh. beim ersten allgemeineren bekanntwerden heiszen, sotartuffeln Amaranthesfrauenzimmerlex. Lpz.1715, tartüffeln Valentinikräuterbuch Frkf.1719s.81, tartuffel (als'schwamm oder pilz in der erde') Schmottherschreiber und rechner Dresd.17262, 499; tartuffeln, ein neues gewächs aus Peru, zu unterscheiden von den erdmorcheln, die von den Welschen auchtartuffeln genennet werden, sie gehören unter das geschlecht der nachtschatten.Hübnerhandlungslex.1727. tartuffeln noch in der übers. von Linn. reisen Lpz.1756 s.288, ja inMatthiäslat. wb.3. ausg.1761 2, 365. die beident waren unbequem für rasches sprechen, das eine sprang ink um(wie inkapir fürpapier einp); die entstehung ward aber so schnell vergessen, dasz sieAdelungnicht mehr weisz, er nenntkartoffel eine entstellung auserdapfel (wofürFrisch2, 363atartuffel erklärt hatte, mit angewachsenem artikel). tartoffel, tartüffel findet sich übrigens noch landschaftlich, s. z. b.Beckersnoth- und hülfsb.73; auch böhm.tartofle, dän. dial.tartuffel nebenkartoffel, auf Islandtartuflur pl. f.(Biörn). die umgeänderte deutsche form setzte sich auch weiter im osten fest, poln. russ.kartofel f., ehstn.kartohwel, litt.kartupelis m. Der ursprüngliche name aber, schon im17. jh. bei uns genannt,tartufflen i. j.1664 (s.Hoffmannsschles. monatsschrift s.53), ist nichts als der ital. name der trüffel(s.Diez361), mit der man, wegen groszer ähnlichkeit in einigen arten, die neue frucht zusammenwarf,tartufo, mailänd.tartuffol, venet.tartufola, piem.tartifla. die kartoffel heiszt it.tartufo bianco, tartufolo bianco (doch jetzt meistpatata), ein Waldenser Antoine Seignoret brachte1701 die frucht ins Würtembergische. Doch kamen auch andere, heimische namen auf, neben entstellungen des ersten worts, der botanikerPeter Laurenbergim anfang des18. jh. nannte sieerdbirnen, und so heiszen sie noch landsch., in Nürnberg, Leipzig(doch hat auch hierkartoffel schon den sieg davon getragen), in der Lausitz, Schlesien. ein andrer name isterdapfel (s.3, 745, das cyclamen europaeum, knollen des alpenveilchens, ist der kartoffel äuszerst ähnlich), wol nach dem nl.aardappel, die frucht kam1717 aus den Niederlanden nach Sachsen und Thüringen, und sie heiszenerdäpfel noch im Erzgebirge, im Osterlande, in Thüringen, im nördlichen Franken(nebenkärtoffeln), auch in Baiern, Schwaben, nd.erdappeln (holst., ditm.kantüffeln); herdäpfel in der Oberpfalz, im Elsasz, in der Schweiz(danebenherdbirre, in Schwyzgummeli). fernergrundbirnen, so am Rhein(grúmbîre, franz. dial.crampire), in Franken, inHebelsalem. gebiet, in Unterösterreich, theilweis auch md., z. b. im Altenburgischen, und schweiz., z. b. bei Chur(sonst graubünd.hertöffeln, roman. im Oberengadinartöffels). fernerknollen, so im Voigtland, in der Oberlausitz(auchknödeln), Westfalen; fränk. auchpataken (span.patata), in Tilsitkarunkeln. nebenformen vonkartoffel sind auchkartüffel (Posen), artüffel, artoffel (bair. noch die trüffel), erdtüffel, toffel, toffelchen, düften pl., aber auchpantoffel. endlich nochkaulen pl.(Osterland), grübling, nudel, erdbrot, jacobsbirne, jacobsapfel, jobsbirne. dazu namen von arten der frucht in groszer landschaftlicher verschiedenheit, auch eigne namen, wielerche, maus, zwiebel.
Über all diese landschaftliche zersplitterung trug und trägt aberkartoffel den sieg davon, was verschafft ihm den eigentlich, namentlich über den so verbreiteten und passenden namenerdapfel? wie er im felde acht tage lang oft nichts als kartoffeln aus der asche gegessen. Möserpatr. ph.(1778)2, 38; wenn nicht der mehr thut der kartoffeln legt .. als ich (Werther). Göthe16, 95. 30, 105; ich habe (conj.) kartoffeln gegessen oder ein wildes huhn, satt ist satt. Schiller210b; dasz sie einmal abends nichts als einen einzigen kartoffel verspeisten. J. PaulFibel92, als masc. wie auch sonst landschaftlich.ganz gesottene, meist'ganze' kartoffeln, kartoffeln mit der schale(im scherzmit der montur); geröstete oderschmorkartoffeln u. s. w.;saatkartoffel zur aussaat; fernerfrühkartoffel, winterkartoffel, biscuitkartoffel, erdbeerkartoffel, gartenkartoffel u. s. w. wieder in langer liste. Die frucht, neben dem getraide jetzt heimisch wie keine andere, dient sprachlich zu mancherlei scherz, die Sachsen in den herzogthümern z. b. werden von den königlichenKartoffelsachsen gescholten, der bairische erbfolgekrieg im vorigen jh., der eben die zeit der kartoffelernte ausfüllte, wardder kartoffelkrieg genannt; leute aus dem Erzgebirge hört mankartoffelwänste nennen, weil die kartoffeln oft ihre einzige nahrung sind; volksmäszige schimpfwörter sind daher genommen, wiekartoffelkröte, kartoffelgesicht (s. d.), kartoffelnase. Riehlland und leute1, 215; die beiden letztern rühren daher, dasz man am kartoffelknollen selbstkopf, nase, auge (auch einennabel) unterscheidet im technischen gebrauch. Aus der menge der andern zusammensetzungen, die wirklich im gebrauch sind, hier nur die wichtigsten; es würde namentlich unmöglich sein, die landschaftlichenkartoffelgerichte alle aufzuzählen.

 

User offline. Last seen 1 year 14 weeks ago. Offline
Beigetreten: 10.07.2008
Beiträge: 9

Vielen Dank Tarzius, für diese ausführlichen Informationen.

Kannst Du noch eine Quelle für die Donauschwaben als definitive Krumpir-Vehikel angeben?

(Mir persönlich gefällt nämlich die Söldertruppen-Heimkehrer-Version etwas besser, da sie etwa 50 Jahre eher anzusetzen wäre als die ersten Schwabenzüge.)

Beste Grüße

Galswinth

User offline. Last seen 1 year 29 weeks ago. Offline
Experte!Moderator
Beigetreten: 31.12.2005
Beiträge: 4600

Galswinth schrieb:

Vielen Dank Tarzius, für diese ausführlichen Informationen. Kannst Du noch eine Quelle für die Donauschwaben als definitive Krumpir-Vehikel angeben? (Mir persönlich gefällt nämlich die Söldertruppen-Heimkehrer-Version etwas besser, da sie etwa 50 Jahre eher anzusetzen wäre als die ersten Schwabenzüge.) Beste Grüße Galswinth

 

Hallo

Da erscheint es mir plausibel anzunehmen, dass  - analog zu den Braunschweiger Erdtuffeln - die kroatischen Heimkehrer nebst der neuartigen Feldfrucht auch ihre Bezeichnung in ihre Heimat importierten (und sie als Kumpir in Form einer Ofenkartoffel auch möglicherweise in die Türkei weiter exportierten).

Diese Aussage ist nirgends festgehalten. D.h. sie ist, wie Du selber schreibst, eine Annahme. Zumal der Kartoffel im Balkan das "Leben" schwer gemacht wurde.

Zoran Janjetović :GEGENSEITIGE KULTUREINFLÜSSE ZWISCHEN SERBEN  UND DONAUSCHWABEN IN DER VOJVODINA:

Im 18.  Jahrhundert waren die Behörden  (neben dem Weizen)  besonders an Anpflanzung  der  Maulbeerbäumen,  Kartoffel  und  Mais  interessiert. Kartoffel  wurde  von  den  Deutschen  ins  Land  gebracht, und  das  serbische  Wort  „krompir“    bezeugt  davon………….

http://sho.rtlink.de/Krompir5

Nedad Memić (Wien/Sarajevo):

3. Sprachmerkmale des deutschen Lehngutes in Südosteuropa

3.1. Herkunft des Transferwortschatzes, mögliche Entlehnungswege

Darum stellte er eine entsprechende Hypothese über die donauschwäbischen Merkmale des deutschen Lehngutes im Skr. In der  späteren Forschung stellte sich jedoch heraus, dass donauschwäbische Merkmale (wie z.B. Neutralisierung der anlautenden Opposition zwischen den Fortes und Lenes, z.B.  krompir Grombeere……………..

http://www.kakanien-revisited.at/beitr/emerg/NMemic1.pdf

Der in Wien lebende Bosnier Nedad Memic beschäftigt sich mit Austriazismen und Germanismen im Bosnischen:

http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/wien/stadtleben/662776_Auspuh-ku...

Gerade in der Pfalz waren zu Zeiten des Dreißigjährigen Krieges dem Vernehmen nach einige jugoslawische Söldnertruppen zu finden.

Abgesehen davon, waren Dt. schon lange vor dem 30-Jährigen Krieg (1618-1648) im Balkan, wie man dies nachlesen kann.

http://sho.rtlink.de/Krumpir

http://sho.rtlink.de/Krumpir2

Vom Institut für Donauschwäbische Geschichte und Landeskunde in Tübingen. Im Jahre ...... „krompir“ entstand aus dem schwäbischen Wort…………………….

http://sho.rtlink.de/Krumpir3

Tartuffel/Kartoffel, Sachsen, Preußen. Krumbeer/Grumbeer/Grumbier/Krumbiere, Rheinhessen, Pfalz. Grombiera/Grumbiera/Krombiara………….

http://sho.rtlink.de/Krumpir4

Die kroatische Sprache (kroatisch hrvatski jezik) ist eine Standardvarietät aus dem ...... beheizter Küchenofen), karfiol – Karfiol (Blumenkohl), krumpir – Grundbirne (Kartoffel), ... Weit verbreitet war das deutsche Sprachgut nicht nur auf dem Lande, wo der donauschwäbische Einfluss seine Spuren hinterlassen hatte, sondern……………..

https://de.wikipedia.org/wiki/Kroatische_Sprache

Am Rhein wurde diese auch grumbire (grúmbîre) genannt.

Ich teile die Meinung in folgender WebSeite: Heute ist nicht mehr nachvollziehbar, in welchem Jahr die Kartoffel nach Europa gelangte……

Weiteres: Auch in anderen europäischen Ländern gestaltete sich der Siegeszug langsam und schrittweise. Nach Frankreich kamen die Erdäpfel durch die Waldenser, die aus Glaubensgründen in die Vogesen geflüchtet waren. Doch weite Verbreitung verschaffte den Erdäpfeln erst die rastlose Tätigkeit von Antoine-Auguste Parmentier (1737-1813), der als preußischer Kriegsgefangener deren Nahrhaftigkeit am eigenen Leib verspürt hatte. Auf slawischem Gebiet hatten es die Erdäpfel noch viel schwerer mit der Durchsetzung als im übrigen Europa. Die bäuerliche Bevölkerung war extrem konservativ und lehnte alles Neue vorsichtshalber ab. In Russland wollte Zar Peter der Große (1672-1725) um 1697 die Erdäpfel einführen; doch erst Katharina die Große (1725-1796) konnte sich gegen die Popen durchsetzen, die den Teufelsapfel verdammten. Nach Tschechien kamen die Erdäpfel vermutlich über die Vermittlung der Mark Brandenburg, worauf die Bezeichnung brambori/ bramburi schließen lässt. In der Slowakei und in Ungarn konnte sich die neue Pflanze erst am Beginn des 19. Jahrhunderts durchsetzen - Vorurteile und Konservatismus des Bauernstandes, der Getreide für hochwertiger hielt, standen auch hier den Kartoffeln im Wege…………………………..

http://www.suedwind-magazin.at/kartoffelvon-erdaepfeln-bramburi-eachtlin...